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Der Dampfersteg von Feldwies. Von hier sticht die Chiemseeschifffahrt gen Fraueninsel in den See

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Boote im Hafen von Feldwies

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Kapelle St. Nikolaus am Strand bei Feldwies

Anlegestelle und Strandbad Feldwies[]

Jenseits der Autobahn 8 München - Salzburg befindet sich das Ufer des Chiemsees und die beiden Überseer Ortsteile Seethal und Baumgarten. Im südlichen Bereich des Ufers liegt der Dampferanlegesteg, von wo aus die Chiemseeschifffahrt im Sommer Besucher auf die Fraueninsel bringt. Der Feldwieser Hafen war auch Winterliegeplatz des ersten Chiemseedampfers ("Herzog Maximilian"), der 1845 von Wolfgang Schmid erbaut wurde und der von der Bevölkerung "Bügelstahl" genannt wurde.

Die Straße am Feldwieser Chiemseeufer Richtung Norden endet am Strandbad. Von hier führt ein Spazierweg entlang des Chiemsees. Das Gebiet ist als Naturbadestrand bekannt, doch ist an einigen Stellen Baden und Wassersport verboten. Nachdem der Spaziergänger auf dem Weg an der Sturmwarnung vorbeigekommen ist, gelangt er nach mehreren Biegungen an eine kleine Kapelle, die dem heiligen Nikolaus geweiht ist.

Nikolauskapelle und Beobachtungsplattform[]

Die Nikolauskapelle, kurz hinter der Nordspitze der Chiemsee-Halbinsel von Seethal und Baumgarten (die sogenannte Beckerscheibe), wurde 1808 von aus Seenot geretteten Fischern (u.a. Matthias Lindacher) errichtet, die damit ihre Dankbarkeit über die glückliche Rettung aus dem See zum Ausdruck bringen wollten. Von den dramatischen Rettungsaktionen erzählen die Votivtafeln im Innern der Kapelle. Eine Votivtafel berichtet von vermutlich ersten tödlichen Sportsegler-Unfall auf dem Chiemsee, bei dem am 5. Juli 1879 drei Menschen ums Leben kamen und nur einer gerettet werden konnte. Bis ins frühe 20. Jahrhundert mündete die Tiroler Ache nicht dort wo sie heute ein Delta bildet, sondern hier an der Beckerscheibe, dem Nordzipfel der Feldwieser Halbinsel. Nach großen Hochwassern beschloss man, der Ache ihr heutiges Bett zu graben. So waren bis ins 19. Jahrhundert große Überschwemmungen in Übersee an der Tagesordnung, da der Fluss direkt durch den Ort floss.

Der Uferweg führt nun immer weiter vom See weg. Auf der linken Seite gehts am Gelände einer Pipeline-Gesellschaft (T.A.L.) vorbei, die - nach Angaben von Gästeführer Konrad Hollerieth - an dieser Stelle eine Sicherheitsanlage betreibt. Bei einem Ölunfall auf der Ache könne damit der Zufluss zum Chiemsee gestoppt und das Öl abgepumpt werden. Weniger Meter weiter - ebenfalls links - führt ein kleiner Weg zu einer Beobachtungsplattform. Hier hat der Besucher einen Blick auf den Chiemsee, das Achendelta und die Hirschauer Bucht, die ein bedeutender Brutplatz für Seevögel ist. Weiter verläuft der Weg durch den Weiler Lachsgang und schließlich nach Seethal und Baumgarten. Über einen Feldweg von Seethal in Richtung Westen ist das Feldwieser Strandbad erreichbar. Der gesamte Weg vom Strandbad zur Nikolauskapelle und über Baumgarten zurück ist etwa sechs Kilometer weit.

Mündung der Tiroler Achen in den Chiemsee: Das Naturschutzgebiet Achendelta[]

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Kiesbank im Tal der Ache bei Schleching gibt Aufschluss darüber, welche großen Mengen Geröll die von der Tiroler Ache mit sich führt

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Blick von der östlich gelegenen Hirschauer Bucht Richtung Achenmündung

Die Tiroler Ache ist der größte Zufluss des Chiemsees, sie bringt im Mittel 35 m³/s (bei Niedrigwasser: 11,5 m³/s; bei Hochwasser sogar bis zu 337 m³/s) Wasser in den See, das ist ein Anteil von 63 % aller Zuflüsse. Ihr Einzuggebiet ist mit 944 km² das mit Abstand größte für den See relevante Niederschlagsgebiet.

Im Jahre 1954 wurde die Mündung der Tiroler Achen in den Chiemsee unter Naturschutz gestellt. Das Achendelta ist ein Naturdenkmal ersten Ranges. Es gilt als das am besten ausgebildete Binnendelta in Mitteleuropa, wie Dr. Michael Lohmann (Chiemsee-Naturführer, Übersee 2009) hervorhebt. Das etwa fünf Quadratkilometer große Gebiet wächst verhältnismäßig rasch. Im Jahresdurchschnitt lagern sich rund 10.000 m³ Kies und 200.000 m³ Sand und Schwebstoffe ab. Zusätzlich verteilen sich etwa 70.000 m³ Schwebstoffe im gesamten See. In einem Kiesfang 3 km vor der Mündung werden jährlich etwa 20.000 m³ Kies und Sand entnommen. Die Ablagerungen entsprechen einer Menge von täglich 125 Lastwagenladungen zu 5 m³, die aus dem Gebirge in den See gekippt werden. Das Delta wächst auf diese Weise etwa um einen Hektar (100 x 100 m) pro Jahr. Da der Chiemsee 8.000 ha groß ist, errechnet sich daraus eine "Restlebenszeit" des Bayerischen Meeres von rund 8.000 Jahren. Chiemgauer mit Weitblick geraten darüber gelegentlich schon in Panik.

Deltawachstum und Verlandung haben sich allerdings in den vergangenen Jahrzehnten verlangsamt. Ursache dafür sind vor allem wasserbauliche Maßnahmen im Oberlauf (Wildbachverbauungen) und auch im Unterlauf. So wurde Mitte der 1980er Jahre unterhalb der Eisenbahnbrücke ein Kiesfang gebaut, eine Erweiterung des Flussbettes, in der sich Kies absetzen kann, der dann ausgebaggert wird. Dadurch hat sich die Kiesmenge im Delta wesentlich verringert, was Kieslaichern unter den Fischen und deltatypischen Kiesbrütern, wie Fluss-Seeschwalbe, Flussregenpfeifer und Flussuferläufer, die Fortpflanzungsmöglichkeiten fast vollständig entzogen hat.

Leider haben andere, weniger notwendig erscheinende Wasserbaumaßnahmen der natürlichen Deltabildung und Auwaldentwicklung ebenfalls sehr geschadet. Schon die Achenkorrektion von 1873 bis 1879 ließ wenig ökologisches Verständnis und keinerlei landschaftliches Einfühlungsvermögen erkennen. Statt dem geschwungenen Lauf des Flusses in gehörigem Abstand mit niedrigen Uferbefestigungen zu folgen und Auwald-bestandene Überschwemmungszonen von einigen hundert Metern Breite innerhalb der Hochwasserdeiche vorzusehen, hat man zwischen engen Deichen extrem begradigt und die neue Mündung zwischen die alten Mündungen bei Feldwies und Grabenstätt verlegt.

Einige Zeit meinte man sogar, die Flussverlängerung im neu entstehenden Delta durch ständig nachgezogene Deiche wie in anderen Voralpenseen festlegen zu müssen. Glücklicherweise war man dabei zurückhaltender als anderenorts, wo sich bis heute kein vergleichbares Delta ausbilden konnte.

Bei einem Hochwasser im Jahr 1944 riss die Ache das Ende des rechten Deiches weg und verlagerte ihren Hauptarm nach Osten. In Richtung Hirschauer Bucht entstand ein neues Delta. Obwohl von wissenschaftlicher Seite nachgewiesen worden war, dass die natürliche Form des breit geschütteten Deltakegels auch vom wasserwirtschaftlichen Standpunkt aus die günstigste Situation darstellt (Burz 1956), wurde 1969 die Durchbruchstelle auf Betreiben von Anliegern wieder geschlossen. Gleichwohl verlandet die Hirschauer Bucht rapide. Unter dem Aspekt des Naturschutzes eine höchst erfreuliche Entwicklung, denn mit den Zielen eines Vogelschutzgebietes von hohem Rang sind Badebetrieb, Bootsverleih und Fischerei kaum zu vereinbaren.

Wegen der selten Vogelarten wurde 1986 das Achendelta zur Kernzone erklärt, die nicht betreten werden darf. Auch Wissenschaftler dürfen das Mündungsgebiet allenfalls mit Ausnahmegenehmigung der Regierung von Oberbayern betreten. Dem Publikum stehen immerhin zwei Beobachtungstürme mit guten und kostenlosen Fernrohren zur Verfügung. Vom Turm Übersee-Lachsgang kann man die Westseite des Deltas betrachten, von dem an der Hirschauer Bucht die Ostseite. Seit einiger Zeit werden auch Bootsfahrten an den Rand der Achenmündung angeboten. Von dort haben die Mitfahrer dann einen Blick ins Naturschutzgebiet.

Das Gebiet bildet mit dem südlich angrenzenden Auwald und dem Grabenstätter Moos ein 1.250 Hektar großes Naturschutzgebiet von internationaler Bedeutung. Im Schutzgebiet stellte man seit 1950 rund 260 Wildvogelarten fest. Um 100 verschiedene Vogelarten brüten im Schutzgebiet, 30 von ihnen ausschließlich hier. Zu den selteneren Brutvögeln der letzten Jahrzehnte im Naturschutzgebiet gehören Schwarzhalstaucher, Kormoran, Schellente, Gänsesäger, Wespenbussard, Schwarzmilan, Rohrweihe, Baumfalke, Tüpfelralle, Wachtelkönig, Bekassine sowie früher Zwergdommel, Purpurreiher, Brachvogel, Rotschenkel, Flussuferläufer und Fluss-Seeschwalbe. Unter den Kleinvögeln sind erwähnenswert: Grau- und Kleinspecht, Baumpieper, Wasseramsel, Blau-, Braun- und Schwarzkehlchen, Rohrschwirl, Schilf- und Drosselrohrsänger, Pirol, Neuntöter, Birkenzeisig, Karmingimpel und Grauammer.

Aber nicht nur die Vögel, auch die Vegetation im Mündungsgebiet der Tiroler Ache ist sehr interessant. Pflanzensoziologen unterscheiden zwischen der Pioniervegetation, dem Röhricht mit Schwimmblattzone und Jungweidengebüsch im äußeren Deltabereich sowie Silberweiden-, Grauerlen- und Erlen-Eschenwald. Daran schließt sich flussaufwärts die Hartholzaue mit Eschen, Eichen und Bergahorn. Der seltene Straußfarn ist im Naturschutzgebiet vertreten und die unter Naturschutz stehende Sibirische Schwertlilie hat im Grabenstätter Moos den wohl größten Bestand in ganz Mitteleuropa. Auch die seltene Sumpf-Platterbse ist heimisch. Zum Schutze der Natur sind alle Landzugänge, sowie die Zugänge über die Ache und die Zufahrt vom See her gesperrt.

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